Samstag, 4. April 2015

Die Tür


Ich weiss nicht, ob es anderen auch so geht wie mir, wenn sie eine solche Tür sehen. Mir wird fast schlecht.

Das Haus selbst, ca. 1890 gebaut, solide, renovierte Fassade, farbig gestrichen, neue Fenster, die nicht stören, hohe Räume, dicke Mauern, Stuckdecken, drei bis vier Geschosse.

Dann diese Tür:




Ein weiteres Detail, die beiden hübschen Treppenstufen, setzt dem ganzen noch eins drauf. Für einen schönen Briefkasten hat es auch nicht mehr gereicht, aber die Kaltmiete liegt sicher bei 11,00  bis 12,00 € ("Wenn Sie was Schönes sehen wollen, gehen Sie doch ins Museum!").

Oder ein anderes Haus, ein paar Strassen weiter, an einer Durchgangstrasse, ziemlich viel Verkehr, nachts aus Lärmschutzgründen Tempo 30 (mit Blitz-Dings natürlich), daher auch lauter als vorher, weil die Leute runterschalten, will nur keiner wahrhaben.




Also die Tür. Für mich gehört sie zu einem Antlitz eines Haus, prägt den Eingang, wenn man so will, auch die Fassade. Die Tür kann passen oder auch nicht, sie kann einstmals schön gewesen sein, wie meist bei solchen alten Häusern.

Dann kam irgendjemand auf die Idee, das Haus zu sanieren. Entweder man hat die alte Tür weggeworfen, weil unansehnlich (Holz altert eben, wenn man es nicht schützt) oder man wollte eine Tür, die eben pflegeleicht ist und bleibt, die man die nächsten 30-40 Jahre vergessen kann.

Im schlimmsten Fall kommt dann eine vorgefertigte Metalltür rein, aus Stahl (selten) oder Aluminium oder gleich aus Kunststoff, da kann man auch besser drantreten und die verkratzt nicht so schnell wie Holz. Das passiert heutzutage so oft, dass man meist achtlos daran vorbeigeht.

Ich werde das Gefühl nicht los, dass es sich um ein deutsches Problem handelt, kann mich aber auch täuschen. Nach dem Kriege war ja viel kaputt gegangen, da musste schnell Ersatz her. Bloss, da gab es den Metall- bzw. Alu-Wahn noch nicht, dass wäre auch nicht erschwinglich gewesen.

Ich würde mir wünschen, dass die Eigentümer gerade der älteren Häuser sich bei der Sanierung oder Modernisierung mehr Gedanken um den Eingang eines Hauses machen. 




Einfach nicht zu übertreffen, dieses Modell.

Gerade bei älteren, in ihrer Substanz noch guten Häusern lohnt sich das, den Häusern ein schönes und passendes Gesicht zu verpassen und nicht die Einheitschose vorgefertigter beliebiger Rahmen zu verwenden, womöglich noch mit geriffeltem oder nicht transparentem (Kunststoff-) Glas. Das ist ja das nächste Übel. Das geht schon gar nicht, ist aber weit verbreitet, ja geradezu populär.



Wohl an Beliebtheit kaum zu überbieten, wenn man sich umschaut.

Dass die ersten beiden Türen oben alle so hübsch verziert sind, ist der nächste Skandal. Es könnte aber auch sein, dass diese Exemplare in ihrer Verkommenheit und Ungepflegtheit dazu animieren. Bei schönen Türen mag die Hemmschwelle hoch sein. Aber dazu kenne ich die Graffiti-Szene zu wenig. Narrenhände beschmieren Tisch und Wände, also auch Türen.

Es geht auch anders, bei Türen. Kann jeder feststellen und muss deswegen nicht unbedingt nach London oder Irland oder Italien fahren.




Oder so.




Warum nicht so?




Oder in klein.




Oder historisch?




Sind unsere Schreiner zu teuer? Lohnt es sich nicht mehr, schöne Türen zu bauen und in Häuser einzusetzen? Spielt Ästhetik keine Rolle mehr heute? Was denken sich die Planer und Architekten dabei? Antworten jederzeit willkommen.



Mittwoch, 1. April 2015

Politikverdrossenheit




Wenn man im Internet die Entwicklung der Mitgliederzahlen der 6 im Bundestag vertretenen Parteien und diejenigen der FDP vergleicht, stellt man fest, dass ein Schwund von rd. 2,3 Mio auf 1,2 Mio Mitglieder zu verzeichnen ist (1990 bis 2011). Reduziert also auf fast die Hälfte.

Die Wahlbeteiligung bei Bundestagswahlen hatte ihren höchsten Wert mit 91,1 % im Jahre 1972, sie sank aber auf 71,5 % bei der letzten Wahl 2013. Bei Landtagswahlen erreicht die Wahlbeteiligung kaum mehr als 60 %, in vielen Fällen liegt sie zwischen 50 und 60 %, bei jungen Wählern ist die Wahlbeteiligung sogar noch weit niedriger, erreicht in manchen Bundesländern keine 40 % (Anteil der 21 bis 30jährigen in Niedersachsen knapp 37 %). Die Beteiligung an Wahlen ist allerdings bei den 60 bis 70jährigen sehr oft am höchsten.

Nach einer Forsa-Umfrage 2014, bei der nach dem Ansehen verschiedener Berufe gefragt wurde, erhielten Feuerwehrleute (hohes Ansehen bei 95 % der Befragten), Krankenpfleger (90 %), Arzt (89 %) und Polizist (84 %) die höchsten Werte. Am unteren Ende der Skala, also mit dem geringsten Ansehen, liegen Politiker (21 %), Mitarbeiter einer Telefongesellschaft (18 %), Versicherungsvertreter (12 %). Damit liegen diese z.B. weit hinter Dachdeckern, Briefträgern, Müllmännern und Journalisten (Reihenfolge dieser Nennung ist jetzt zufällig). Auch bei Umfragen zur Glaubwürdigkeit schneiden Parteien nicht gut ab, knapp 60 % der Befragten halten die Bündnis-Grünen für glaubwürdig, 15 % die FDP, der Rest liegt dazwischen.

Zusammenfassend muss man konstatieren, dass die Politik und die Politiker insgesamt als Verlierer (Ansehen, Glaubwürdigkeit, schwindendes Vertrauen, Stimmverhalten der Bürger usw.) dastehen. Der Trend ist unübersehbar und setzt sich womöglich noch fort. Dies deckt sich mit Äusserungen und Beobachtungen, die jeder hören und wahrnehmen oder lesen kann.

Wie kam es dazu? Was sind die Ursachen hierfür?

Ohne eine abschliessende oder umfassende Analyse bieten zu wollen und zu können, möchte ich einige wenige Anregungen liefern.




1. Fehlende Transparenz in der Politik


In dem Masse, wie die Anforderungen an die Politik (insbesondere Wirtschafts-, Finanz-, Sozialpolitik) gestiegen sind angesichts der Komplexität der Themen, der internationalen Beziehungen, der EU usw., gelang es den Politikern nicht, die Fragen oder Sachverhalte, um die es geht, transparent zu machen. Schwarz-Weiss-Malerei, parteipolitische Interessen, Eitelkeit und Selbstverliebtheit der Politiker, Teilhabe an der Macht, Fraktionszwänge und anderes mehr, scheinen dem entgegenzuwirken. Man bemüht sich auch nicht um Verständlichkeit, ist doch die Sprache der Politiker eine ganz eigene geworden.


2. Herkunft und Repräsentation der Politiker


Aus dem öffentlichen Dienst und aus politischen und/oder gesellschaftlichen Organisationen kommen 47,2 % der Mitglieder des Deutschen Bundestages, weitere 16,5 % stammen als Angestellte aus der Wirtschaft, 19,2 % kommen aus freiberuflicher Tätigkeit (Anwälte, Notare, Steuerberater, Ingenieure Ärzte etc.). Nur 7,4 % gingen oder gehen einer selbständigen Tätigkeit nach.

Diese Zusammensetzung bietet wohl weder ein Abbild der Bevölkerung noch eine spezielle Grundlage für eine Qualifikation als Politiker, es sei denn der Öffentliche Dienst und Verbände und Gewerkschaften wären plötzlich eine Elite-Kaderschmiede. Es sieht eher danach aus, dass gerade diejenigen kandidieren können, die sich leicht beurlauben lassen können.

Dass alle Mitglieder einer Partei sind, versteht sich von selbst. Als Nicht-Parteigänger sind die Chancen, ins Parlament gewählt zu werden, geringer als auf dem Nordpol einen Hitzschlag zu erleiden.

Ob sich der Bürger von dieser Zusammensetzung des Parlaments verstanden und ernstgenommen glaubt, mag bezweifelt werden, aber irgendwelche Leute müssen den Job ja machen, denkt sich der unaufgeklärte Bürger, aber er bezweifelt, ob es gleich so viele sein müssen.


3. Bildung


Privat über Politk zu reden, führt oft zu Verdruss. Sei es, dass viele Leute nichts damit zu tun haben wollen, sei es, dass vielen die bildungsmässigen Grundlagen fehlen, um sich über Gesetze, politische Meinungen, Projekte (Infrastruktur), Gesundheitssystem, Schul- und Hochschulbildung und Wirtschaftsthemen ein Urteil zu bilden. Gute, durchaus auch kontroverse und respektvolle Gespräche und Diskussionen über politische Themen sind eher seltene Erfahrungen.

Ganz zu schweigen davon, dass vielen Bürgern ein grundlegendes Verständnis darüber, wie ein Staat aufgebaut ist, wie Wirtschaft funktioniert, was Gewaltenteilung heisst und was Bürgerrechte und –pflichten sind, abgeht. Es wurde ihnen nicht nahegebracht und gefragt haben sie auch nicht. Aber das Wahlrecht besitzen alle, die volljährig sind.


4. Wahlrecht


Unser bundesdeutsches Wahlrecht ist schon was Spezielles. Die Alliierten legten nach dem II. Weltkrieg Wert auf ein gezähmtes Deutschland und fürchteten eine zentrale Machtstellung des Hauptstadtparlaments. So kam es, dass die ehemalige preussische Fürstenkammer in der Gestalt des Bundesrates (ein vergleichbares Element gibt es ansonsten nur in den Vereinigten Arabischen Emiraten) wieder zum Leben erweckt wurde und der föderative Staat Bundesrepublik Deutschland das Licht der Welt erblickte. Das Grundgesetz, vom Parlamentarischen Rat erarbeitet und den Militärgouverneuren der drei westlichen Alliierten abgesegnet, nicht vom deutschen Volk, trat in Kraft. In Bayern zunächst nicht, dort wurde es abgelehnt und erst nachdem 2/3 der übrigen Länder zugestimmt hatten, traten die Bayern dem Grundgesetz bei. Dabei gelang es den 65 Mitgliedern des Parlamentarischen Rates sogar einen Abweichler kaltzustellen, der den Fraktionszwang ablehnte.

In einem für Bürger nicht mehr überschaubaren Gewirr von Zuständigkeiten, hoheitlichen Aufgaben und Obliegenheiten walten nun Bundestag und Bundesrat ihrer Ämter, wobei die Ländervertreter noch nicht einmal durch Wahlen legitimiert sind, sondern einfach Abgesandte sind, Beamte, Funktionsträger der Länder.

So ergibt sich ohne weiteres die Situation, dass eine Bundesregierung mit ordentlicher Mehrheit gewählt werden kann, einen Kanzler oder eine Kanzlerin ihr eigen nennt und dennoch nicht regieren kann, weil ihr im Bundesrat genau eine politisch anders gepolte Ländermehrheit gegenüber sitzt, die alles, was ihr nicht passt, verhindert, torpediert, aussitzt. Dies führt entweder zu einer Blockade und führt den Wählerwillen ad absurdum oder es kommen faule Kompromisse heraus. Einmal wird die politische Klientel bedacht, das nächste Mal die Kundschaft der anderen Partei(en).
In jedem Falle wird es teuer für die Bürger, weil damit Ausgaben verbunden sind.

Aber das ist noch nicht alles.

Die Wahl zum Deutschen Bundestag vollzieht sich nach einem System, das Verhältnis- und Mehrheitswahl verbindet. Von den 598 Sitzen des Bundestags werden die Hälfte durch Mehrheitswahl in den 299 Stimmbezirken vergeben (Erststimme). Mit der Zweitstimme kann der Wähler nur eine Landesliste einer Partei wählen. Dabei kann nur für die Liste insgesamt votiert werden, nicht für einzelne Kandidaten. Mit der Landesliste lassen sich daher Spitzenkandidaten einer Partei, Altgediente,
Kofferträger und Akklamanten hervorragend absichern. Der Wähler hat auf die Zusammensetzung der Landesliste keinen Einfluss.

Gerade dieses Mischsystem schafft Probleme, ganz unabhängig davon, wie bedenklich und fragwürdig das Prinzip der Landeslisten auch ist, denn die Wahlmöglichkeiten des Bürgers werden durch diese Listen beschränkt.

Während die relative Mehrheitswahl den Kandidaten mit der relativ höchsten Stimmenzahl im Wahlkreis kürt (jeder Wahlkreis erhält einen Abgeordneten) und dadurch in der Regel stabile und klare Mehrheiten im Parlament schaffen (z.B. Grossbritannien), schaffen Verhältniswahlen in der Regel Situationen, in denen keine Partei eine klare Mehrheit bekommt, also Koalitionen gebildet werden müssen. Diese erfordern Kompromisse und schaffen damit eine Mässigung, erschweren aber auch Regierungsarbeit und Reformen. Koalitionen, oft überraschend und vor der Wahl meist ausgeschlossen, bilden sich schon alleine deswegen, weil sie Teilhabe an der Macht erlauben.

Zur Gewaltenteilung ist zu sagen, dass bei uns die Grenzen zwischen Legislative und Exekutive immer mehr verschwinden. Der Regierungschef wird von den Abgeordneten gewählt, nicht von den Bürgern. Die Parlamentsmehrheit beruft den Kanzler und dadurch existiert die Trennung praktisch nicht mehr. Es stehen keine zwei Gewalten gegenüber, die sich gegenseitig kontrollieren, sondern sie sind personell und inhaltlich miteinander verbandelt.

Dies wirkt sich besonders fatal bei den Gesetzen im Bereich der Finanzpolitik aus; die mangelhafte Gewaltenteilung führt tendenziell zu immer höheren Staatsausgaben und zunehmender Verschuldung.

Es versteht sich als Element politischer Hygiene, dass bei Wahlen diejenigen, die gewählt werden wollen, nicht selbst abstimmen. Bei Vorstandswahlen im Verein zum Beispiel leuchtet das jedem ein, warum nicht bei politischen Wahlen? Soll Konrad Adenauer immer als Beispiel dienen, weil er sich mit seiner eigenen Stimme damals zum Kanzler machen konnte?


5. Die Rolle der Medien


Medien behandeln Politiker eher als Politstars, als Prominente, als Talk-Show-Gäste und nicht als Volksvertreter, die einen Wählerauftrag ausführen. Bestrebungen von Politikern, ihrem Wahlkreis etwas Gutes zu tun, unabhängig davon, ob dies sinnvoll ist oder nicht, werden als vorrangige Aufgabe angesehen. Proporzdenken, Kleinstaaterei und Profilierungssucht werden dadurch begünstigt.

Parteiprogramme, deren Zustandekommen meist öffentlich geschieht, werden zwar verbreitet, aber oft wenig kritisch hinterfragt in den Medien. Abweichende Meinungen fallen meist gar nicht ins Gewicht, die Parteimeinung hat Vorrang. Dabei wünscht der Wähler geradezu eine kontroverse Debatte und dass Minderheitsmeinungen ebenso in Betracht gezogen werden und durchgesetzt werden können.

Gleichförmigkeit ist die Folge dieser durch den Parteitagswolf gedrehten politischen Absichterklärungen. Wenn es im Plenum um die Umsetzung geht, gilt die strenge Parteidisziplin, denn abweichende Meinungen werden sich negativ auf die Position in der Landesliste oder die nächste Kandidatur auswirken.

Dies ist der Zeitpunkt, an dem dem letzten Wähler klar wird, dass er sich nicht für eine Person entscheiden kann, sondern für eine Partei, von der er aber auch nicht weiss, was diese aus dem Votum des Bürgers macht.

Nachteile unserer Wahlsystems, Mängel des föderativ organisierten Staates, Reformstau und Tauziehwettbewerbe im Bundesrat oder zwischen Bundesländern (Finanzausgleich) finden nicht genügend kritische Auseinandersetzung in den Medien. Entweder man findet gar nichts zu diesen Themen in den Medien oder nur Bestätigung des Status Quo, der ja gar nicht so schlecht sein kann angesichts der vergleichsweise stabilen wirtschaftlichen Systeme des Landes.

Auch da glänzen die Medien mit Schweigen, stellen politische und wirtschaftliche Folgen von Gesetzesänderungen nicht in der gebührenden Dimension dar (z.B. Rentenpolitik, demographischer Wandel).

Die Tatsache, dass wir in einem erheblichen Reformstau stecken, für dessen Beseitigung der politische Wille zu fehlen scheint, findet kaum Beachtung in den Medien, dabei wäre es deren Aufgabe, den Finger in die Wunde zu legen:

 Beispiele:

  • ·      Steuervereinfachung (die Herren Merz und Kirchhof lassen grüssen)
  • ·      Marode Infrastruktur (Strassen, Brücken, Schleusen)
  • ·      Zu hohe Verwaltungskosten (zu viele Personen sind mit Verwaltung und Umverteilung befasst)
  • ·      Wirrwarr an hoheitlichen Zuständigkeiten (Bund/Länder/Kommunen) und Milliardengrab Föderalismus (16 Länderparlamente, Regierungschefs und Kabinette mit Staatssekretären usw.)



6. Europäische Union


In dem Masse, wie Brüssel, Strassburg und Luxemburg an Bedeutung und Macht gewinnen und in das Leben der EU-Bürger hineinregieren, schwindet die Akzeptanz des Hauses Europa. Wohl kaum verwunderlich, wenn man eine Währungsunion einführt ohne zuvor die wirtschaftlichen Systeme angeglichen (Steuerharmonisierung, Gesetze), eine politische und vom Wähler legitimierte Union geschaffen und damit eine EU-Identität realisiert zu haben.

Die EU-Kommission ist vom Wähler nicht legitimiert, die Ernennung der Kommissare obliegt dem Kommissionspräsidenten und den 28 Mitgliedsländern, das EU-Parlament kann zustimmen oder ablehnen, aber nicht vorschlagen. Eine Kandidatur gibt es nicht. Auch im EU-Parlament ist Fraktionszwang kein Fremdwort.

Unbehagen ist wohl eine eher untertriebene Bezeichnung für das Gefühl des EU-Bürgers, wenn er diese Institutionen betrachtet und nicht von ungefähr haben EU-kritische Parteien oder Gruppen Aufwind, was von den etablierten Parteien missmutig betrachtet wird, ohne dass Lehren daraus gezogen würden. Abgesehen davon haben viele Menschen den Eindruck, dass hier mit vollen Händen gigantische Steuergelder auf womöglich ineffiziente und intransparente Weise ausgegeben werden. 8,6 Mrd. € gibt die EU alleine für ihre jährliche Verwaltung aus, 44 Mrd. € für die Landwirtschaft und Fischerei, 56 Mrd. € für wenig entwickelte Gebiete oder für Wachstumsimpulse von Regionen und nur 0,4 Mrd. € für Umwelt- und Klimapolitik (alle Zahlen 2015).


7. Das Geld


Es gibt tatsächlich Länder, in denen die Bürger bestimmen, wieviel Geld dem Staat und seinen Gebietskörperschaften zur Verfügung steht. Das ist auch im Grunde das wichtigste Mandat, das ein Wähler vergeben kann, in dem er das Geldausgabemonopol überträgt oder nicht, weil er unmittelbar davon betroffen ist.

Hierzulande brüstet sich ein Finanzminister, dem ich seine profunden Steuerkenntnisse nicht absprechen will, denn er war u.a. auch in der Finanzverwaltung tätig (ein eher seltener Fall in der Politik, wo fachliche Kenntnisse und berufliche Anforderungen sich nicht widersprechen), eine schwarze Null geschafft zu haben. Dabei wird verschwiegen, dass die überraschend gute und nicht vorhersehbare konjunkturelle Belebung zu erheblichen Mehreinnahmen und die EZB-Zinspolitik zu deutlichen Minderausgaben beim Bundesschuldendienst geführt haben.

In besagten Ländern, z.B. USA, Schweiz, müssen Bürger darüber abstimmen, wenn ein bestimmter einmaliger oder jährlicher Betrag an Ausgaben (für Investitionen) überschritten wird. Ergebnis: die Verschuldung ist geringer als im Vergleich und die Steuersätze niedriger.

Wer fürchtet sich bei uns davor, dem Bürger mehr Mitspracherechte zuzugestehen? Die Parteien. Genau diejenigen, die vor der Wahl von und vor „mündigen“ Bürgern sprechen, entmündigen diese nach der Wahl, weil der Bürger ja keine Ahnung hat, gegängelt und per Verordnungen geführt werden muss. Der Bürger hat dabei viel eher das Gemeinwohl im Auge, als der Politiker, der sich Partei- und Funktionärsinteressen zu eigen macht und seine Position absichern möchte.

Noch besser wäre es, dass nach einer überfälligen Steuervereinfachung die Bürger entscheiden müssen über Steueränderungen.


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Ausgehend von dem Phänomen „Politikverdrossenheit“ habe ich wichtige Hinweise und Sacherhalte zu einzelnen Themen durch das Buch von Herrn Florian Felix Weyh „Die letzte Wahl“, Frankfurt 2007, (Die Andere Bibliothek) erhalten, und kann dieses Buch sehr empfehlen.